Dienstag, 30. Oktober 2007

„Demokratische“ Präsidentschaftswahlen à la Argentina

Am Sonntag, den 28.10. waren in Argentinien Präsidentschaftswahlen. Cristina Fernández de Kircher, die Ehefrau des seit 2003 regierenden Präsidenten Nestor Kirchner, zur ersten demokratisch gewählten Präsidentin Argentiniens gewählt. Mit 44,9% der Stimmen gewann sie im ersten Wahlgang vor der zweitplazierten Elisa Carrió, die 23% der Stimmen gewann.

In den letzten Monaten war dieses Ergebnis immer wieder vorhergesagt worden. U.a. augrunddessen hat es keinen wirklichen Wahlkampf gegeben. Die Opposition konnte einerseits keinen gemeinsamen Kandidaten finden, um somit evtl. Kräfte zu bündeln (ob dies wünschenswert ist, ist im Hinblick auf die Pluralität zu hinterfragen). Andererseits hat keiner der Oppositionsparteien einen wirklichen Wahlkampf geführt. Cristina Kirchner ist fröhlich im Ausland rumgereist und hat sich auf ihrer Popularität ausruhen können, da die anderen keine wirklichen Wahlkampagnen und Wahlprogramme gestartet und promoviert haben. Demokratische Diskussionen und Auseinandersetzungen über Themen wie Inflation, Sicherheit, Auslandsschulden und Soziales ließen sehr zu wünschen übrig.

Wählen ist in Argentinien obligatorisch, bei Verstoß folgen jedoch oftmals keine oder kaum spürbare Konsequenzen. Es gibt, für mich unfassbarerweise, kein Briefwahlsystem, sondern jeder Bürger, der nicht weiter als 500km von seinem Wahlkreis wohnt, ist verpflichtet dort zu wählen.

Das Wahlsystem in Argentinien sieht vor, dass man nicht wie z.B. in Deutschland ein Kreuz auf einem Wahlzettel macht, sondern sich in der Wahlkabine einen Wahlzettel seines Kandidaten zu nehmen und diesen in einen Umschlag zu stecken und somit seine Stimme abzugeben. Nun sind am Wahltag viele Klagen über fehlende Wahlzettel einzelner Kandidaten laut geworden, die entweder geklaut wurden oder gar nicht erst vorhanden waren. Eine Frau wurde z.B. im Fernsehen gefragt, was sie erlebt hätte und sie meinte, dass sie nicht den Kandidaten wählen konnte, den sie wollte, da kein Wahlzettel des Kandidaten vorhanden war. Bei entsprechender Nachfrage bei den Wahlhelfern wurde teils höhnisch gelacht, teils auf die restlichen Kandidaten verwiesen. Wenn neue Wahlzettel ausgelegt wurden, waren sie teilweise nach wenigen Minuten schon wieder verschwunden. Auch wurde beklagt, dass Urnen 10 Minuten vor Wahlschluss geschlossen wurden. In Deutschland würde so etwas sicher einen tagelangen Aufschrei geben. Hier wird es fast schon als normal hingenommen.

Eine andere Tatsache ist die der allgegenwärtigen Korruption. ALLE Kandidaten fahren so z.B. Busse vor die Armenviertel, geben den Menschen ein paar Peso und ein Mittagessen, laden sie in den Bus und lassen sie für sich wählen. Diese Praxis ist allgemein bekannt und alle Kandidaten spielen dieses Spiel mit. Somit profitieren die führenden Politiker von der Armut in den Armutsvierteln besonders in Buenos Aires.

Auch sonst gibt es immer wieder dubiose Praktiken, um auf Stimmenfang zu gehen.

Bei allen Klagen verstehe ich nicht, warum das Abstimmverfahren nicht geändert wird und man auf einem einzelnen Zettel ein Kreuz macht, so können keine Zettel von bestimmten Kandidaten verschwinden und das Ganze wird weniger anfällig für „Unregelmäßigkeiten“.
Mir ist jedoch zum ersten Mal wirklich und hautbah bewusst geworden, das demokratische Wahlen nicht unbedingt demokratisch sind, sondern auch hier sehr viel Platz für Korruption besteht.

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